Samstag, 16. Juli 2011

Gastbeitrag von S. Karrer

so, heute kommt mal ein Gastbeitrag auf meinen Blog! Einfach mal lesen, zwei nette Erlebnisse:


Zug fährt ab:

Aus irgendeinem Grund muss ich gerade an meine zwei Zugbekanntschaften denken. Die unterschiedlicher nicht hätten sein können – und trotzdem jeweils auf ihre Weise meinen Tag gerettet haben.

Der eine, Gerfried (nicht lachen, so hat er sich wirklich vorgestellt) hat sich als Retter in der Not erwiesen, als unser Zug wegen eines scheinbaren Suizids nicht weiter fahren konnte. Abgesehen von dem Schock darüber, dass irgendwo entlang der Gleise (oder gar unter unserem Zug, ja wahrscheinlich genau unter unserem Zug) ein Mensch lag, der aus irgendeinem Grund beschlossen hatte, sein Leben hier zu beenden, war ich auf dem Weg zu Studienkollegen in Wiener Neustadt. Und wäre dort wohl innerhalb der nächsten Stunden nicht dorthin gekommen. Gerfried und ich sind ins Reden gekommen, entgegen meiner gewöhnlich sehr vorsichtigen Art Fremden gegenüber habe ich dann sein Angebot angenommen, mit ihm mitten in der Pampa zwischen Wien und Neustadt auszusteigen und mich von seinem Vater mit dem Auto abholen zu lassen. Irgendwie hat mir dieser geschniegelte Typ in weißem Hemd und schwarzen Hosen, eher Marke Bauernbund, mit dem Geigenkasten (oder sowas in der Art) in der Hand, ganz gut gefallen. Und auch die nette ältere Dame hat ihn wohl für den perfekten Schwiegersohn gehalten (Er: „Wollen Sie auch mit uns mitfahren? Mein Vater kann sie gerne irgendwo absetzen.“ Sie: „Ach, das ist nett, danke, aber ich bin schon so alt und trau mich nicht, hier an der Böschung auszusteigen. Aber Sie sind so ein nettes Paar!“ Ich: „Äh, auch danke, aber wir kennen uns erst seit fünf Minuten.“).

Zum Abschied hat mir Mr. Bauernbundkalender seine Visitenkarte in die Hand gedrückt. Wir haben uns einmal getroffen, aber in unserer natürlichen Umgebung, mitten im Bermudadreieck, ohne das Adrenalinspiegel-erhöhendes „Zug fährt nicht ab, da hat sich grad ein Drama abgespielt und ihr könnt euch maximal von Gerfrieds Papa retten lassen“-Drumherum hat es einfach nicht gefunkt.

Der junge Campino und unser Bier

Meine andere Zugbekanntschaft (ich glaube er heißt Markus, ich weiß es nicht mehr) und mich hat ein Bier zusammen gebracht. Ich war beruflich am Weg nach München, er (ich glaube er ist Bühnenbauer oder sowas in der Art) am Weg von einem Job nachhause. Mir war ohnehin schon ziemlich langweilig, außerdem war ich nervös, weil ich noch nie beruflich auf ein Seminar im Ausland geschickt wurde (und danach auch nie wieder übrigens). Hab mir dann beim Zugservice ein Bier bestellt, Markus hatte seines schon dabei. Wir haben uns zugeprostet – und uns die restlichen drei Stunden gegenseitig unsere Lebensgeschichten erzählt. Seine war ziemlich verrückt, hat aber zu seinem Äußeren gepasst. Er hat mich nämlich stark an den jungen Campino erinnert, ziemlich schnuckelig eigentlich. Und so viel habe ich mit einem Fremden noch selten gelacht. In München sind wir noch zusammen eine rauchen gegangen, haben uns gegenseitig einen schönen Abend gewünscht und sind jeweils unseren Weg gegangen. Ich hatte mir damals sogar Markus’ ganzen Namen aufgeschrieben, aber nie vor, mich zu melden. Auch wenn man heutzutage fast jeden via Facebook, Xing und Co finden kann. Es ist eine schöne Erinnerung – und mehr sollte es nie sein.

Irgendwie bekomme ich grad Lust, einfach so in den nächsten Zug ins Nirgendwo zu steigen und mich treiben zu lassen. Aber solche Momente kann man nicht erzwingen, sie passieren einfach …

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